Samstag, 10. April 2010

Thailand von innen

Mein Leben in Thailand empfinde ich als sehr angenehm. Ich arbeite nicht, das Geld kommt aus dem Automaten und ich mache mir auch keine Sorgen, ob dies so weiter geht. Ich lebe im Bezug auf Essen und Wohnung wie ich es gewohnt war. Meine Kleidung ist das ganze Jahr über sommerlich. Wenn ich unterwegs bin, fühle ich mich wie im Himmel, umgeben von schönen, freundlichen Menschen und putzigen Kindern. Um nach hause zu kommen, brauche ich nur die Hand am Straßenrand auszustrecken und ein Taxi hält an. Die Natur ist üppig und vielfältig. Über einige Dinge muss man hinwegsehen wie die lähmende Hitze, die Moskitos oder den Unrat an manchen Stellen. Sprachlich komme ich zurecht, doch macht es mir auch nichts aus, wenn ich nicht alles verstehe. Ich muss nicht alles wissen. Ich brauche mich auch um wenig zu kümmern. Entscheidungen in der Familie werden zunächst ohne mich getroffen, ich würde sowieso nur unnötige Gedanken einwerfen. Ich habe mich damit abgefunden, dass zuweilen mehr über mich als mit mir geredet wird.

Unter diesen befreienden Umständen kann ich mich auf mein Inneres konzentrieren. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich das wunderbare Gefühl hatte angekommen zu sein, in diesem Land, auf diesem Planeten, in diesem Körper. Dabei konnte mein Ego nach und nach zerbröckeln. Lesen trug einen Teil dazu bei. „Wu wei“ von Theo Fischer und „Wie Siddhartha zum Buddha wurde“ von Thich Nhat Hanh las ich mehrere Male. Alte Vorstellungen und Bindungen lösten sich auf. Zufriedenheit und innerer Friede, Gelassenheit und Leben im Augenblick stellten sich ein. Um die Dinge nun zu sehen, wie sie wirklich sind, glaubte ich, mit dem Denken aufhören zu müssen. Ich entwickelte dazu Übungen und empfand sie auch als hilfreich. Eines Tages dachte ich unvermittelt meine Gedanken in Gegenwart eines höheren Du. Wie töricht sie mir dabei vor kamen, leicht konnte ich sie gehen lassen! Dies gab meinem Streben eine neue Richtung. Statt nach dem unpersönlichen Überselbst zu suchen, entdeckte ich wieder, dass wir immer Persönlichkeit haben und sind und fand damit wieder zu Gott als unserem Schöpfer und Vater.

Ohne Anstrengung gehen meine Empfindungen von selbst nach innen. Alle Menschen sind mir wundersam lieb, selbst die, die ich zuvor stets innerlich abgeurteilt hatte. Ich bin nicht vollkommen, aber ich glaube den Weg dahin zu kennen. „So wie es ist, ist es gut. Ich brauche nicht mehr.“ Dieses Gefühl begleitet mich. Es darf freilich nicht zur Falle werden für ein Sich-gehen-lassen. Das Leben im Himmelreich ist ein tätiges. Doch das, was sich in den zweieinhalb Jahren in Thailand in mir entwickelt hat, wird mir bleiben. Wie sich mein Leben mit und in Gott gestaltet, werde ich nächstens beschreiben.

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