Dienstag, 29. September 2009

Was ist Erleuchtung?

Einige Tage war ich damit beschäftigt, Fotoalben hochzuladen. Doch nun zum Thema "Erleuchtung".


Erleuchtet bin ich noch nicht. Obwohl, wenn es jemand wäre, würde er dieses wohl nicht von sich behaupten. Aber ich bin an einem Punkt angelangt, wo das nicht mehr von Bedeutung ist. Nach fast einem halben Jahrhundert des Suchens habe ich festen Boden erreicht.

Ich bin dabei viele Wege gegangen. Über meine Erlebnisse in Indien und Japan werde ich hier berichten, sowie über die Gemeinschaften, denen ich mich zugehörig fühlte, und die vielen Bücher, die mir weiterhalfen. Ich habe zum elefantenköpfigen Ganesha gebetet, hatte stets ein Bild von Shiva mit mir geführt, war unter Sikkhs in ihrer Gurdwara und in den Tempeln von Hindus und Buddhisten. Ich habe an keinen Gott geglaubt und an viele Götter, war Hindu, Christ, Buddhist und Taoist.

Ein paar Dinge stellten sich dabei für mich als wichtig heraus. Die Sprache musste einfach sein. Fachbegriffe und Namen aus fremder und alter Literatur kann ich mir nicht merken. Es durfte kein Zwang ausgeübt werden und nichts zu glauben verlangt werden, was dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Das eigene Denken und Handeln durfte nicht eingeschränkt sein. Freiheit, zu kommen und zu gehen, musste gegeben sein. An Menschen konnte ich mich nie binden. Ich folgte meinem eigenen, inneren Kompass.

Von manchen Büchern war ich begeistert. Das nehme ich mit auf die einsame Insel, dachte ich, mehr brauche ich nicht. Doch sie dienten mir nur eine Zeit lang. In den Gemeinschaften nannten wir uns Geschwister, Praktizierende, Freunde oder Leser. Ich blieb Jahre oder Monate. Doch irgendwann wurde es allzu menschlich. Die Welt wurde geteilt in Schwarz und Weiß. Wer außerhalb war, gehörte dem Teufel. Dennoch bin ich dankbar, für das, was ich in diesen Gemeinschaften erleben durfte.

Es ging mir auch nicht allein um meine eigene Vervollkommnung. Von Anfang an spürte ich, dass die Menschheit an einem Wendepunkt angekommen ist. Ich hatte einen Weg voraus zu gehen. Und ich wollte einen neuen Weg finden, den auch ein moderner, bequemer Mensch gehen kann, der wenig Zeit hat und von Reizen überflutete wird.

Was soll man nun unter Erleuchtung verstehen? Mit Buddhas Worten: das Ende allen Leidens. Das Ende allen Suchens, die Antwort auf alle Fragen, die Erkenntnis der wahren Natur der Dinge und des wahren Selbst. Die Vereinigung mit Gott im Urgrund der Seele, wie Meister Eckhart es nannte. Sagte nicht Jesus: „Werdet vollkommen, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist!“? Das war mein Ausgangspunkt.

Donnerstag, 24. September 2009

Wie wir leben, Teil 1




Am besten beginne ich mit dem normalen Tagesablauf. Zwischen sieben und halb acht stehe ich gewöhnlich auf. Nichts drängt mich, kein Wecker, kein Termin, keine Arbeit. Meine Frau Deng steht meist um die gleiche Zeit auf. Seit vielen Jahren schlafen wir in getrennten Zimmern. Wir setzen uns auf die Veranda, die zur Straße hinausgeht, und trinken unseren Kaffee. Ich füttere die zahlreichen Minifische in der großen Schale mit Seerosen. Dazu läuft stets die gleiche CD mit Flötenmusik aus dem Norden. Diese halbe Stunde ist uns sehr wichtig. Oft ist da nur schweigende Kommunikation mit den Pflanzen und den Vögeln. Ich achte auf meinen Atem und spüre in die Natur hinein und bekomme meine inneren Impulse. Und wir besprechen die Pläne für den Tag oder was es sonst noch zu klären gibt. Ich habe mir angewöhnt, ihr nicht viele Fragen zu stellen, wenn sie sich z.B. wieder mal über die Familie aufregt. Wenn die Zeit reif, wird sie mir erzählen, was ich wissen muss. Während ich dann frühstücke, räumt Deng die Küche auf. Ich esse bewusst und mit Genuss und bin durch die großen Glastüren mit der Natur verbunden. Dann trinken wir wieder Kaffee auf der Veranda und sie raucht weiter eine Zigarette. Ich habe vor einem Jahr damit aufgehört.

Es ist das ganze Jahr die gleiche Routine. Die Sonne ist lange aufgegangen und das Thermometer zeigt in der Regel um die 29 Grad. Wenn es in der kühlen Jahreszeit mal 24 Grad hat, ziehe ich meine Pantoffeln an und wir duschen mit warmem Wasser. Die Nachbarn sind zur Arbeit, es ist ruhig in der Straße. Nur die Vögel sind laut. Es ist nach acht, wenn meine Frau anfängt, sich um die Pflanzen im Garten zu kümmern und ich nach oben an den PC gehe. Auch hier der gleiche Ablauf: ich schaue nach emails und lese die Nachrichten aus Thailand und Deutschland -die Tagesschau läuft um diese Zeit ruckelfrei und in der Ausgabe der Schwäbischen Zeitung lese ich auch die Stadtnachrichten, den Wetterbericht und die Traueranzeigen- und dann sehe ich mir die neuesten Beiträge im Thailandforum an. Es folgt die Morgentoilette, wobei das Duschen ein meditativer Akt ist. So zwischen halb neun und zehn beginne ich dann mit meiner täglichen Arbeit: ich säubere den Garten von heruntergefallenen Blättern. Alle 3-4 Tage gehen ich Wasser holen. Nein, nicht vom Dorfbrunnen. In der Nähe gibt es einen Automaten, an dem man gefiltertes Wasser abfüllen kann, 1 Liter für 1 Baht. Wir verwenden es zum Kochen und Trinken und Zähne putzen. Das Wasser aus der Leitung behält trotz Filteranlage, die wir nicht haben, einen Beigeschmack.

Wenn ich sonst nichts für meine Gattin zu erledigen habe, z.B. die Waschmaschine füllen oder ihr einen Kaffee bringen, zünde ich ein Räucherstäbchen vor dem Buddha an (das ist ein japanischer und der darf zur Dekoration auf der Veranda stehen, unterhalb Kopfhöhe), setze mich daneben und lese in einem Zenbuch. Dazu lasse ich ruhige Musik laufen und trinke etwas Sake (oder Sato, die billigere Variante) oder kalten Tee aus Zitronengras, den Deng selbst gekocht hat. Dann muss ich nur noch die Zeit bis zum Mittagessen überbrücken. Ich kann einen englischsprachigen Film im TV ansehen oder im Internet surfen. Falls jemand fragt, ob mir nicht langweilig ist: niemals. Langeweile entsteht nur, wenn man den gegenwärtigen Moment nicht annehmen kann, wenn man meint, woanders sei es interessanter. Welch ein Unsinn zu sagen: jetzt habe ich eine halbe Stunde Zeit verloren, weil ich einen Umweg fahren musste oder warten musste! Es ist immer Jetzt, immer Gegenwart. Allerdings kann man sich auch Zeit stehlen lassen, z.B durch zu viel Fernsehen. An Zeit bin ich in Thailand reich. Seit vielen Jahren trage ich keine Uhr und hier kümmert es mich nicht, wo ich um welche Zeit mich aufhalte. Ich lebe jeden Augenblick bewusst und zufrieden. Oft kommt es mir in den Sinn, wie glücklich ich doch bin. Das Leben ist schön.

Nach dem Mittagessen mache ich mein gewohntes Schläfchen. Zuvor ein kurze Meditation auf dem Bettrand. Wenn wir nicht außer Haus gehen, surfe ich im Internet, helfe im Garten, indem ich z.B. den Wasserschlauch ausrolle, mit dem Deng den Garten gründlich gießt, lese, sehe fern oder besuche meinen deutschen Nachbarn. So ein Tag zu hause hat den Vorteil, dass wir Geld sparen. Eigentlich hätte ich mehr zu tun: emails und Briefe schreiben oder die Thaischrift und -sprache lernen. Aber mir geht es wie dem Zenmönch Ryokan, der im Spiel mit den Kindern oder in der Betrachtung der Natur vergaß, was er eigentlich vorhatte.

Um halb sieben wird es dunkel, das ganze Jahr über. Die Strassenbeleuchtung geht an und brennt die ganze Nacht. Ich lese nochmals online die Nachrichten und die Neuigkeiten im Forum. Deng muss ab halb neun ihre Seifenopern sehen und ich muss ihr Gesellschaft leisten und ihr die Beine massieren und die Füsse kratzen. Dabei entspanne ich mich am Notebook, indem ich mir unter Verwendung von Kopfhörern alte Filme oder Komödien im Internet ansehe. Vor elf gehen wir dann zu Bett. Natürlich verlaufen nicht alle Tage so. Dies kann nur ein Abriss sein, ein Einstieg.

Mittwoch, 23. September 2009

Wo wir leben, Teil 1






Ich lebe im Paradies. Damit meine ich nicht das Leben unter Palmen in Thailand. Es hat nichts mit dem Ort zu tun, mehr mit der Zeit. Eigentlich ist es außerhalb der Zeit. Nämlich im gegenwärtigen Augenblick. Doch darüber später. Zuerst zu unserer Behausung in Bangkok.

Wir leben in einer geschlossenen Siedlung, einem Muban (was auch die Bezeichnung für Dorf ist), in der Nähe des Flughafens Suvarnabhumi. Unser Haus ist einen Kilometer vom Eingang des Muban entfernt und von da sind es nochmals 1,5 Kilometer bis zur sechsspurigen Hauptstraße. Dort gibt es alles: Geschäfte, Arztpraxen, ein Krankenhaus und tägliche Märkte. Wenn wir zum Einkaufen gehen, fahren wir entweder mit Pok, Dengs Sohn, oder wir bestellen uns ein Taxi, d.h. wir bitten die Wächter eines zu rufen. Ich habe zwar einen thailändischen Führerschein, ausgestellt durch Umschreiben des internationalen, aber Fahren traue ich mich im Stadtverkehr nicht. Die Führerscheinkarte dient mir jedoch als Ausweis und ich zahle damit Eintrittspreise für Einheimische und nicht für Touristen. Zum Beispiel im Khao Yai Nationalpark nur 40 Baht statt 400.

In der Umgebung gibt es viele Schulen und Hochschulen und so leben hier zahlreiche junge Menschen. Deswegen findet man viele Frisörläden, Internetcafés, Musikkneipen und Shops zum Drucken. Wir gehen auf dem Wochenmarkt oder in den Filialen der großen Handelsketten einkaufen und essen an der Straße von den Garküchen. Oder wir fahren zu den großen Einkaufszentren mit ihren vielen Geschäften, Restaurants und Kinos, also Seacon-Square, Seri-Center, Fashion Island, Mall Bangkapi oder Central Bang Na. Wenn wir zu zweit fahren, benutzen wir manchmal den Bus, aber zurück mit den vielen Tüten und Bierkartons nehmen wir ein Taxi. Von der Hauptstraße bis zum Haus müssten wir eh eines für 50 Baht benützen. Zum Laufen ist es zu heiß und ein Teil der Nebenstraße ist recht eng und die Fahrweise der Motorradtaxis ist uns zu gefährlich.

Worum es geht

Nein, ich trage keine gelbe Robe und sitze nicht stundenlang in Meditation. Zwar wollte ich mal vor 34 Jahren buddhistischer Mönch in Thailand werden – das war als ich vom Zenkloster in Japan hierher zurückkehrte -, aber dann heiratete ich die Frau, die ich bei meinem ersten Besuch in Bangkok kennen gelernt hatte. Deng und ich lebten 32 Jahre lang in Deutschland und sind vor 2 Jahren ausgewandert. Hier leben wir in einem Haus am Rande der großen Stadt. Dieser Blog dient nun dazu, meine Gedanken und spirituellen Erfahrungen aufzuschreiben und unsere Freunde und alle Interessierten an unserem Leben teilhaben zu lassen, ist also Information und Unterhaltung und vielleicht ein bisschen Anregung zum Nachdenken.