Dienstag, 14. September 2010

Jesus und ich. Wir zwei.

Mal ehrlich, wenn einer zu mir käme und wollte mir von Jesus Christus erzählen, dann wäre ich skeptisch bis ablehnend. Zu unangenehm wäre der Geruch des Fundamentalismus, zu gering die Möglichkeit gegen angelernte Phrasen anzudiskutieren. Wie viel Unheil ist in der Welt durch Missionierung geschehen! Und welchen Christus wollte er mir nahe bringen? Es gibt so viele davon, ich denke gar, so viele wie es Gläubige gibt und Ungläubige. Jeder hat seine Auffassung von Jesus. Doch die wenigsten suchen nach ihm. Sie glauben, dass er einen Opfertod gestorben ist und der Pfarrer seinen Leib vom Himmel runter in den runden Keks zaubern kann, den man dann in einer okkulten Zeremonie verzehrt. Wo eine „heilige Messe“ gehalten wird, muss ein Stück eines Toten angebracht sein. Sie nennen es Reliquie. Ebenso obskur sind esoterische Aussagen. Jesus sei ein aufgestiegener Meister, genannt Sananda, oder in ihm seien zwei Wesenheiten inkarniert gewesen. Alle Auffassungen, die Jesus in eine Reihe von Meistern und Propheten oder noch darunter stellt, sind bewusste Verdrehungen durch die dunklen Seite.

Ob Jesus verheiratet war und später mit Frau und Tochter in Kaschmir oder Südfrankreich gelebt hat, ist für mich weniger von Belang. Mein Jesusbild hat tief in mir mein Herz gezeichnet, das ansprach, als ich das Leben Jesu im Urantia Buch nachlas und gleichermaßen den jenseitigen Jesus in den Schriften der Neuen Offenbarung kennen lernte, besonders in den Büchern von Jakob Lorber. Hier spürte ich seine vollkommene Liebe und Weisheit und seine Göttlichkeit und Herz und Augen flossen über im Wiedererkennen. Nicht theologische Ausdeutung und Schriftenanalyse, noch Zitate aus Apostelbriefen oder Psalmen oder dem Alten Testament, noch Kasteiung und vermeintliches Kreuztragen bringen uns Jesus näher, sondern einzig der Wunsch, ihn mit Herz und Seele zu umarmen.

Ich war nach Thailand gekommen, um einen Erleuchtungsweg zu finden und zu gehen, der die Erfahrungen Buddhas und die Gotteserkenntnis Jesu vereinigen würde. Selbst meinen Blog habe ich mit diesem Anspruch angefangen. Täglich flossen mir Gedanken, Aufgaben und kleine Übungen zu, mit Hilfe derer ich alte Auffassungen zurücklassen und mein Ego stetig abbauen konnte. Doch zwei tiefgreifende, innere Ereignisse haben meinem Streben eine neue Richtung gegeben. Ich habe den bequemen mittleren Weg gewählt und halte nichts davon, sich mit schmerzenden Gliedern auf den Boden zu setzen. Tagsüber nütze ich deshalb gern die Fahrt im Auto, wo ja auch die örtliche und zeitliche Begrenzung scheinbar aufgehoben ist, um zu meditieren. Auf einer Fahrt im Minibus von Cha Am am Meer nach Bangkok erlebte ich so übrigens einmal das Sein gänzlich im gegenwärtigen Augenblick, frei von Vergangenheit und aller Last und Verpflichtung. Aber selbst Erleuchtungserfahrungen können wohl verblassen. Buddha meditierte sein Leben lang.

Ich wollte die Dinge so sehen, wie sie sind, und hatte mich deshalb einige Tage lang mit gutem Erfolg bemüht, mittels Übungen mit dem Denken aufzuhören. Während einer Autofahrt nun dachte ich plötzlich meine Gedanken in Gegenwart eines höheren Du. Es war keine Erleuchtungs- oder Gotteserfahrung, aber ich sah, wie nichtig meine wenigen Gedanken vor dieser anderen, erhabenen Individualität waren und ich konnte sie schnell ablegen. Ich erfasste auch, dass nicht Leere oder Alles-eins-sein das Ziel ist, sondern Gott, der wie wir zu einem Teil Persönlichkeit ist. Jesus spricht im Urantia Buch davon, dass Buddha es versäumt hatte, das Schiff in den Hafen zu bringen und nun auch andere daran gehindert sind. Wenn ich heute Zen-Weisheiten lese, die ich früher so liebte, oder religiöse Texte und Betrachtungen oder esoterische Blogbeiträge, so kommt mir dies alles wie Bepinselung des eigenen Bauches vor oder wie Stochern im Nebel. Alles Denken, Tun und Trachten ist ohne die Ausrichtung auf Gott hohl und ein Drehen im Kreise. Im Bewusstsein seiner Gegenwart aber ist jede Meditation, jede Liebesübung und jedes geistige Erkennen intensiv und erfüllend. Ich werde noch beschreiben, wie sich mein Leben in dieser Intimität mit Gott, unserem Vater, gestaltet.

Die zweite wegweisende Erfahrung machte ich in dem Raum auf dem Gelände des Goethe Institutes, wo ich mich in Abständen mit den Freunden Bruno Grönings traf. Ich liebte diese Menschen und diesen Raum abseits der lauten, ruhelosen Großstadt. Während der Minuten der inneren Einkehr, als die Anderen sich bemühten, den Heilstrom zu spüren, fühlte ich mich angeregt, mich in das Vertrauen derer zu versenken, die um Jesus gewesen waren, also das Vertrauen zu erspüren, das die erfüllt hatte, die zu seinen Füßen saßen. Und ich konnte mich in dieses absolute Vertrauen ergeben, es erfasste mich aus als ob ich in der Gegenwart Jesu wäre. Dann blickte ein Gesicht auf mich herab. Ich kann es nicht beschreiben, denn ich sah nur in diese Augen und ich wusste sogleich: alles Suchen und alles Leiden hat jetzt ein Ende gefunden. Seitdem erkenne ich in Jesus meinen Meister, meinen Bruder und meinen Vater, denn er ist eins mit Gott und nach dem Urantia Buch der Schöpfer und Herrscher dieses unseres Universums. Aber Letzteres ist für mich nicht ein Glaubenssatz oder von ausschlaggebender Bedeutung. Er wird von uns zur Gänze erfasst werden, wenn wir bereit dazu sind, ob in diesem Körper oder in einem anderen.

Schon lange wollte ich dies geschrieben haben. Jesus zu erkennen ist aber nicht die Sache von einmaliger Verstandestätigkeit, sondern etwas was jeden Tag wächst und sich vertieft, das einen verändert ohne dass es gleich offensichtlich sein muss. Wie es sich anfühlt und was es bewirkt, werde ich mitteilen. Wobei ich mich anfangs fast schämte, wieder am Anfang, bei Jesus, gelandet zu sein oder für einen Jesus-Freak gehalten zu werden.

2 Kommentare:

Grey Owl Calluna hat gesagt…

Ja, wir entwickeln uns stetig weiter, und wer weiß, wie Du in ein paar Jahren über das jetzt geschriebene denken wirst.....und bitte,...das ist durchaus NICHT schlecht gemeint, im Gegenteil...

Sind wir nicht alle Schöpfer und Herrscher unseres Universums,...wir gestalten unser Leben...

Nein, nein, ich halte Dich durchaus nicht für einen Jesus-Freak....grins....

Viel Erfolg wünsche ich Dir auf Deinem weiteren Weg.
Ich finde es schön und interessant zu sehen, wie verschieden die Weg doch sind, obwohl doch alle im Grund das Gleiche wollen.....
Liebe Grüße
Grey Owl

Khun Han hat gesagt…

Danke, Grey Owl!

Meine Posts sind nur spontane Momentaufnahmen. Ich schreibe kein Lehrbuch und alte Posts lese ich nie. Wie sagt Eckhart Tolle so schön: Ich habe wenig Verwendung für die Vergangenheit.

Wir schreiten weiter, wenn wir achtsam sind und uns entwickeln wollen. Das Ziel ist für alle das gleiche: Heimkehr.

Viel Segen im neuen Heim!
Khun Han