Sonntag, 21. Februar 2010

Sanuk

Zitat: „Wenn man im Wörterbuch nachschlägt, dann wird Sanuk mit Spaß, Vergnügen übersetzt. Für die Menschen in Thailand ist Sanuk aber mehr als nur Spaß, sondern es drückt vielmehr ihre Lebensphilosophie aus. Das heißt nicht etwa, dass sie nur oberflächlich dahinleben, und die Realitäten des Lebens nicht sehen wollen. Sanuk ist vielmehr ein Ausdruck für ihre angeborene Lebensfreude, ohne die das Leben eine eintönige und trostlose Sache wäre. Alle Erfahrungen werden in "Sanuk" und "mai Sanuk" (kein Spaß) eingeteilt. Gut essen, mit Freunden zusammensitzen, einen Film sehen, und natürlich feiern, das ist "Sanuk". Arbeit dagegen ist "mai Sanuk", vor allem wenn sie eintönig ist, und nicht mit Freunden zusammen durchgeführt wird, so dasss auch Gelegenheit zu einem Schwätzchen oder Späßchen ist. Sogar bei der Arbeit versucht man daher möglichst in Gruppen zusammen zu arbeiten, um dabei soviel Spaß wie möglich zu haben.“

Ich will auf zwei Aspekte eingehen: Sanuk und Arbeit und Sanuk als Lebenseinstellung. Man sieht überall Thais, die bei der Arbeit ein Päuschen machen, im Schatten sitzen, miteinander scherzen und lachen. Die Verkäuferinnen auf dem Markt und im Kaufhaus sind häufig damit beschäftigt zu essen, sich zu schminken und zu kämmen oder sich gegenseitig nach weißen Haaren abzusuchen und diese auszureißen, was wie lausen aussieht, oder sie schlafen. Thais sind Weltmeister im Schlafen. Aber ich habe Verständnis. Wer weiß, wie lange sie unterwegs sein müssen, welche Nebenjobs sie machen müssen, um alle Rechnungen bezahlen und die Kinder zur Schule schicken zu können, und unter welchen Bedingungen sie zu hause schlafen müssen. Doch kaum jemand fühlt das Bedürfnis mehr und effektiver zu arbeiten und im Beruf voran zu kommen und mehr zu verdienen. Wichtiger ist, dass der Chef angenehm und die Kollegen nett sind und man Sanuk bei der Arbeit haben kann, auch wenn sie sonst eintönig und ermüdend ist.

Im Westen wird man sich kaum vorstellen, dass Arbeit Spaß machen kann. Ich denke allerdings, dass einige Zeit nach der bevorstehenden Umwälzung Arbeit Freude sein wird, wenn für die Grundbedürfnisse gesorgt ist und es nur darum geht, seine Fähigkeiten zu erkennen und zu entwickeln und für das Gemeinwohl einzusetzen. Jetzt bedeutet Arbeit Zwang und Last und gestohlene Zeit. Gearbeitet wird meist nur um die Schulden abzubezahlen und um das kaufen zu können, was man glaubt besitzen zu müssen. Da täte manchmal etwas mehr Sanuk gut. Und zufrieden zu sein mit dem, was man hat, anstatt immer zu suchen, was man nicht hat.

Sanuk kann auch zur Lebenseinstellung werden im Sinne von Lebensfreude. Diese Freude bleibt dann immer als Grundton erhalten, ebenso wie Frieden und Stille. Sie äußert sich in leiser Heiterkeit und Toleranz – und in einem Lächeln. Bei mir ist das z.B. so: ich kann nachts schlecht schlafen. Aber ich freue mich auf die Zeit, wo ich wach bin.Ich setze mich an den Bettrand und freue mich auf die Zeit, wenn ich wieder schlafe und träume. Ich brauche eigentlich auch nur die Klimaanlage wieder einzuschalten. Und ich lächle die Menschen an, überall. Und wir freuen uns zusammen, dass wir im Moment unbeschwert sind. Wir nicken mit dem Kopf und verstehen uns. Vielleicht denken sie auch: so ein lustiger Farang. Macht nichts, Sanuk ist wichtig.

Noch ein Ausspruch: Von Ex-Premierminister Kukrit Pramoj stammt folgendes Zitat: „Der Lebensstil der Thai ist geschmackvoll, verwöhnt von einer gütigen, schwelgenden Natur, geprägt von anpassungsfähigen moralischen Werten und einer heiteren Gelassenheit gegenüber den Problemen des Lebens… Für einen Thai besteht das Leben im Grunde in einer einzigen langen Entspannungsphase.”

2 Kommentare:

Rocky hat gesagt…

Hallo Hans,

da kann ich dir voll zustimmen, so wie du "Sanuk" beschrieben hast.

Sehr gut beobachtet!

Viele Gruesse vom Rocky

Khun Han hat gesagt…

Danke, Rocky! Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass es zu kurz gegriffen ist, wenn man sagt: die Thais haben nur sanuk im Kopf. Wenn man unter sanuk nicht nur Spaß in Form von oberflächlichem Vergnügen und Konsum versteht, sondern auch Freude am Leben und am Miteinander, dann kann man von ihnen lernen. Es können Offenheit, Freundlichkeit, Heiterkeit und echte Lebensfreude entstehen. Thais machen sich und anderen gern eine Freude (was manchmal sicher auch problematische Seiten hat, wenn sie nur sagen, was der Andere hören will). Unter Freunden und Nachbarn machen sie gerne Geschenke und legen Wert auf eine stressfreie Unterhaltung, mag es sich auch nur um ein Verkaufsgespräch handeln. Sie machen gern Komplimente und ich erlebe immer wieder kurze, beglückende Momente, wenn Fremde mein Lächeln erwidern oder mir eines schenken.
Arbeit scheint zwar mai sanuk zu sein. Das kann aber durch Aufmerksamkeit auf die persönliche Einstellung geändert werden. Überhaupt ist das Einzige, auf das wir Einfluss haben, unser eigenes Bewusstsein.